Von Norden kommend fahren wir auf die legendäre D707 – eine der besonderen „Scenic Roads „in Namibia. Diese Pad (viel Schotter, viele Steine und auch teilweise tiefer Sand) durchquert entlang der Namibwüste von Norden nach Süden den Namib Naukluft Park.
Wir cruisen entlang bizarrster Stein- und Sandformation, roten Dünen, schwarzen Steinhügeln gen Süden. Unser Ziel ist eine kleine Farm am Rande der Tiras Berge. Die Weite der Halbwüste, sowie die aktuell zur Zeit des Hochsommers kaum vorhandene Vegetation lässt dieses Gebiet wie eine faszinierende Marslandschaft erscheinen. Unzählige Farben, von Gelb über Rot, Orange- und Brauntöne sowie Schwarz dominieren die karge und extrem weite Landschaft hier am Rande der Wüste. Für jeden Namibiabesucher, der sich in den Süden wagt ist diese Straße ein unbedingtes Muss. Nach mehreren Stunden Fahrt erreichen wir begeistert von der Landschaft unsere Campsite. Wie immer dann das fast tagtäglich gleiche Ritual, dass wir mittlerweile perfekt beherrschen. Sessel und Tisch ausgepackt und aufgestellt. Kurz das Innere von ADDO vom Staub befreit. Nichts kann mehr einen gemütlichen Tagesausklang verhindern. Die Campsite hat nur 4 Stellplätze auf einer Länge von 500 Metern. Also genug Platz für jeden, um ungestört den Sonnenuntergang und die spektakuläre Umgebung zu genießen. Unsere entfernten Nachbarn sind Camper aus Spanien und Italien. Ein paar freundliche Worte werden gewechselt, kurzer Informationsaustausch über Straßen und Trails, und dann geht jeder seine Wege versunken in Gedanken an einen wunderbaren Tag.
Die Vögel und Tiere sorgen für die passende Untermalung, das Lagerfeuer knistert und auf der Glut wird das Abendessen gegrillt und bei Sonnenuntergang verzehrt. Was will man mehr.
Morgendliches Wecken durch die erwachende Natur sowie den Gesang der Vögel in den spärlichen Bäumen und den Lauten der Perlhühner. Ein gemütlicher Kaffee, ein kurzes Frühstück im Schatten der Tirasberge. Noch ist es angenehm kühl. Da die Sonne noch nicht über die Berge gestiegen ist. Über die Wüste nähert sich aber schon die Linie zwischen Licht und Schatten rasend schnell und wir beschließen einen rasche Abfahrt in den morgendlich noch kühleren Temperaturen und begeben uns auf die Reise nach Lüderitz. Eine angenehme Fahrt entlang der D 707 und danach die letzten 100km wieder auf Asphalt. Endlich für kurze Zeit ein Ende von Staub und Rumpelei. Nur die letzten 20 km erfordern noch unsere ganze Aufmerksamkeit. Wir geraten in einen kleinen Sandsturm, ADDO wird sandgestrahlt und wir versuchen auf der Straße zu bleiben und diese in all dem Gelb um uns noch zu finden.
Hier möchte ich etwas ausholen und ein paar Worte über Lüderitz niederschreiben.
Lüderitz wurde bereits 1488 von Bartolomeu Diaz bereist. Er suchte auf seinem Weg entlang der westafrikanischen Küste Zuflucht vor stürmischen Wetter in der Bucht. Jahrhunderte lang war Lüderitz nur Standort von Fischern und Walfängern, die die Bucht als Stützpunkt benutzten. Kein wirklicher Ort um sich lange dort aufzuhalten. Wasser musste mit dem Schiff herangebracht werden und das Hinterland, das war die Wüste, die Namib. 1883 ließ der Bremer Kaufmann Adolf Lüderitz durch seinen Gesandten Heinrich Vogelsang das Gebiet im Umkreis von rund 8 Kilometer vom Häuptling der nun dort ansässigen Bethanier, Joseph Frederick, erwerben. Lüderitz sah vor allem den geschäftlichen Aspekt, die Walfängern und Fischer mit Nahrungsmittel und anderen Gütern per Schiff zu versorgen. Dies sahen die Engländer, die zu dieser Zeit auch sehr umtriebig in Südwestafrika waren, anders und blockierten mit einem Schiff die Hafeneinfahrt und schnitten die Bucht von der notwendigen Wasserversorgung aus Kapstadt ab. Daraufhin wandte sich Lüderitz an das Deutsche Reich und erhielt 1884 von Bismarck die gewünscht Unterstützung. Zwei Kriegschiffe wurden nach Lüderitz entsandt und in der Bucht angekommen wurde die deutsche Flagge gehisst. Dies war die Geburtsstunde der deutschen Kolonie Deutsch Südwestafrika. Lüderitz, finanziell am Ende, kam bei der Erforschung des Oranjerivers 1886 ums Leben. Diamanten veränderten das Erscheinungsbild von Lüderitz für kurze Zeit. Ca. 15 km entfernt von Lüderitz wurden mitten im Sand der Namib Diamanten gefunden, was zur Gründung der Stadt Kolmanskuppe mit imposanter Infrastruktur (Schule, Schwimmbad,..) führte. 1914 kamen rund 20% der weltweiten Diamantenproduktion aus diesem Gebiet. Jedoch nur wenige Jahre später, 1930, wurde die Mine geschlossen. Der Ort wurde von seinen Einwohnern verlassen und wird seitdem von den Dünen der Namib begraben. Kolmanskuppe ist heute eine Geisterstadt mit dem Flair vergangener Zeiten.
Mit der Verlegung der Diamantenproduktion in den Süden verging der Glanz der Stadt sehr schnell. Nur mehr die Fischerei und der in den letzten Jahren forcierte Ausbau des Hafens sind die heutigen Erwerbsgrundlagen der Einwohner.
Lüderitz hat leider heute eine sehr hohe Kriminalitätsrate, Geschäfte sind rund um die Uhr vergittert, und nur gewünschte Kunden werden eingelassen. Was uns aber überraschte ist das Alkoholverkaufsverbot am Wochenende. Also diesmal kein kühles Bier, kein kühles Savanna.
Zu besichtigen gibt es einige Sehenswürdigkeiten der alten Bausubstanz der vergangenen Blütezeiten und hier im Speziellen die doch weithin bekannte Felsenkirche. Wir hatten Glück. Unser Einparken vor der Kirche wurde vom deutschstämmigen Kirchendiener bemerkt und er öffnet uns das verschlossene Tor, wodurch wir die Kirche auch Innen besichtigen konnten.
Wir nächtigen direkt am Meer, auf „Shark Island“. Einer leider in die Jahre gekommen Campsite auf historischem tragischem Boden. „Shark Island“ wurde während der Kolonialzeit als Gefangenlager für Hereros und Mitglieder anderer Stämme unter schlimmsten Bedingungen geführt. Dieses Wissen und der sehr heruntergekommene Zustand der Campsite verändern unsere Reisepläne. Wir beschließen nur eine Nacht hier zu bleiben und dann Lüderitz zu verlassen. Darin werden wir noch bestärkt, als der Wachmann der Campsite uns bittet, Alles zu verschließen und wachsam zu sein. Sie seien zwar hier, aber……
Abends feiern wir 2. Advent. Mit Gulasch und 2 Kerzen am Tisch und lustigen Weihnachtsliedern aus dem Iphone. Etwas unwirklich, am Meer und bei diesen Temperaturen.
Morgens rasch die Sessel und den Tisch verstaut, ADDO kontrolliert und dann weg von hier. So richtig gut haben wir nicht geschlafen. Ein kurzer Stopp beim Supermarkt muss aber sein. Wir brauchen Nachschub bei unseren Nahrungsmitteln. Einkauf wie üblich. Gibt’s eine Security vor Ort einen der Herren angesprochen, Trinkgeld versprochen und angewiesen nicht von der Stelle zu weichen. In 99% der Fälle funktioniert das, und das 1% wollen wir nicht kennenlernen. Trotzdem werden im Rucksack alle wichtigen Unterlagen und Wertgegenstände mitgenommen. Rein ins Shoppingvergnügen! Nach 30 Minuten ist alles erledigt, unser Security erhält noch sein Salär und wir sind startklar.
Wir begeben uns auf die Suche nach den Wüstenpferden der Namib. Nach 70 km erreichen wir das für die Pferde extra angelegte Wasserloch, abseits der Hauptstraße direkt in der heißen und unwirtlichen Namibwüste. Kein Pferd da. Wir warten. Und tatsächlich, ganz weit entfernt am Horizont bewegt sich ein dunkler Punkt in unsere Richtung und wird größer und größer bis wir ein fürchterlich abgemagertes Pferd erkennen. Es folgen noch weitere 2 die sich am Wasserloch laben um dann wieder die spärlichen Gräser in der Wüste zu finden. Es gibt aktuell über 100 Pferde in der Namib, die hier als Wildpferde leben. Es wird angenommen, dass diese Pferde den Ursprung in den Pferden der Deutschen und Engländer haben, die in den Wirren des Ersten Weltkrieges, der auch in den Kolonien ausgetragen wurde, entlaufen sind und den Rückzug in die Wüste angetreten haben. Wie lange es diese Pferde noch gibt, kann keiner sagen. Nach aktuellen Zeitungsnachrichten sind sie sehr gefährdet, da aufgrund der Dürre und Hitzeperioden der letzten Jahre die auch noch in der Wüste lebenden Tiere, wie Oryx Antilopen, ausgewandert sind und somit die Nahrungsquelle für die hier lebenden Hyänen versiegt ist. Diese wiederum haben die Pferde als neue Nahrungsquelle erkannt und dezimieren aktuell den Bestand an den Wildpferden. Wie dies ausgehen wird, wird die Zukunft weisen. Nachdem wir noch einen gemütlichen Kaffee getrunken haben verabschieden wir uns von den Pferden, vorerst auch von der Wüste und fahren zu unserem nächsten Nächtigungsplatz in die wunderbar gelegene Campsite Klein Aus Vista. Hier werden wir die heutige Nacht verbringen, um dann nach Norden zu fahren, immer Richtung Windhuk, da wir ja wie geplant unseren Heimaturlaub antreten werden, um Weihnachten in Österreich zu verbringen, einige Ersatzteile zu beschaffen und unsere Lieben zu besuchen. Dann hat auch ADDO ein paar Tage Urlaub.
