
Aus Südafrika kommend beeindruckt Namibia innerhalb weniger Kilometer mit der sich plötzlich ändernden Landschaft. Noch vorhandenes Grün in Südafrika wird getauscht gegen alle möglichen Braun- und Rottöne der ariden Halbwüste.
Aber bevor ich genauer auf die einzelnen Stationen unserer Route eingehe möchte etwas über Namibia im Generellen ausführen.
Namibia wird umrahmt von Angola im Norden, Botswana im Osten und Südafrika im Süden sowie vom Atlantik im Westen, zusätzlich grenzt Namibia mit dem sogenannten Caprivistreifen, ein etwa 450 km langer und bis zu 50 km breiter Landstreifen, noch an Sambia. Das gesamte Staatsgebiet umfasst ca. 825.000 Quadratkilometer und ist damit knapp 10 mal so groß wie Österreich, bei nur 2,3 Millionen Einwohner aber um ein vielfaches geringer besiedelt. Geprägt wird das Land im Besonderen durch die beiden Wüsten Namib im Westen, die direkt bis zum Atlantik reicht und der Kalahari im Osten. Der aus der Antarktis kommende kalte Benguelastrom ist verantwortlich für die Entstehung der Wüste Namib. Er zieht am Kap der Guten Hoffnung vorbei Richtung Norden bis zum Äquator. Aufgrund der kalten Temperatur des Stromes wird die darüberliegende Luftmasse nicht erwärmt und es kommt zu keiner Entstehung aufsteigender feuchter Luftmassen. Daher bestimmt der Benguelastrom das Klima der Namibwüste und generell in großen Teilen das aride Klima Namibias.
Zwischen den beiden Wüsten Namib und Kalahari breitet sich auf ca. 1.700 – 2.000m Seehöhe das Binnenhochland aus, unterbrochen durch mehrere Bergmassive mit markanten Gipfeln, wie zum Beispiel den 2.600m hohen Königstein im Brandbergmassiv. Im Osten läuft das Land dann in das durch Trockenvegetation geprägte im Schnitt rund 1300 m hohe Kalahari-Hochland aus.
Namibia zählt zu den ältesten Teilen der Erdkruste, das vor rund 150 Millionen Jahren durch das Zerbrechen und Auseinanderdriften des Urkontinents Gondwana entstanden ist. Gerade in Namibia kann man durch die über lange Zeit andauernden klimatischen Verhältnisse diese geologischen Vorgänge sehr gut beobachten. Die Wüste Namib zählt zu den ältesten Wüsten, wenn nicht sogar die älteste Wüste unseres Planeten.
Schon seit mehreren tausend Jahren ist das Gebiet des heutigen Namibias der heimatliche Lebensraum der Völkergruppen San und Damara. Erst im 17. Jahrhundert drangen im Rahmen von Völkerwanderungen noch die Stämme der Herero, Nama, Orlam und Ovambo ein. Europäer kamen erst im 19 Jahrhundert ins Spiel, und hier Großteils aus England, Deutschland und Portugal. Ende des 19. Jahrhunderts wurde das heutige Namibia „Deutsch Südwestafrika“. Jedoch als Kolonie nur für kurze Zeit, da in Folge des Ersten Weltkrieges das Land von britischen Truppen okkupiert wurde und danach in die Verwaltung von Südafrika überging. Erst 1990 nach einem mehr als 20 Jahre dauernden Kampf zwischen Südafrika und der namibischen SWAPO (Sout-West-African-Public- Organisation) wurde Namibia in seiner heutigen Form unabhängig.
Aber jetzt zu unserer Reise. Nach einem erstaunlich kurzen Grenzaufenthalt haben wir über den Grenzübergang Vioolsdrift und mit der Überquerung des Oranje Rivers an Namibia eingecheckt. Die ersten zwei Tage verbringen wir direkt am Oranje River in einer wunderbaren Campsite noch im Grünen, denn entlang des Flusses, der sich von den Drakensbergen im Osten Südafrikas bis zum Atlantik im Westen zieht, präsentiert sich die Uferregion saftig grün.
Jetzt im afrikanischen Sommer sind die Temperaturen sehr hoch und die fehlenden Regenfälle haben hier im Süden das Land in eine trockene Halbwüste verwandelt. Trotzdem begegnen uns in dieser einsamen Gegend entlang der Straße Kühe, sowie Schafe und Ziegen. Interessant ist auch, dass wir hier plötzlich ein kleines Weinanbaugebiet inmitten der trockenen Landschaft finden und bestaunen. Hierbei handelt es sich um ein gefördertes Agrarprojekt, dass den nahen Oranje River und dessen Wasser zur Bewässerung der trockenen aber fruchtbaren Böden nutzt.
Da unsere Vorräte langsam zur Neige gehen und wir wieder einmal bemerken, dass Sonntag ist und es schwer wird hier die passende Einkaufsmöglichkeit zu finden bemühen wir uns in den Ort Aussenkehr. Dort soll es einen Spar-Supermarkt geben. Anfangs noch auf Asphalt unterwegs erreichen wir bereits auf staubiger Wellblechpiste Aussenkehr. Der Supermarkt öffnet leider erst in 20 Minuten. Trotzdem sind richtige Massen auf den Beinen um einkaufen zu gehen und Parkplätze in halbwegs sicherer Gegend nicht vorhanden. Somit vertrauen wir auf unsere Vorratsreste und begeben uns weiter Richtung Norden nach Ai-Ais und dann weiter zum Canyon Road House am Rande des Fishriver Canyon.
Gegenüber Südafrika hat sich hier in Namibia einiges massiv geändert. Der Luxus von Tankstellen und Supermärkten an jeder Ecke eines Ortes ist vorbei. Also neuer Grundsatz: Bei jeder sich bietender Möglichkeit den Tank und die Lebensmittelvorräte auffüllen soweit möglich. Hier im Süden Namibias, umgeben von Halbwüste und Wüste ist es vor allem schwierig frisches Obst und Gemüse zu bekommen. Die Geschäfte sind meistens sehr klein, bei den Tankstellen integriert und bieten nur das Notwendigste.
Nach 2,5 Stunden Fahrt über staubige und anstrengende Pisten ohne irgend ein Zeichen von Zivilisation sowie ohne jeglichen Verkehr erreichen wir Ai-Ais. Der Ort bzw. dieses Camp liegt am südlichen Ende des Fishriver Canyon tief eingebettet zwischen hohen Felswänden. Eigentlich wollen wir hier die Nacht verbringen, aber kein Windhauch und Temperaturen an die 50 Grad verheißen keine entspannte Nacht. Somit entscheiden wir uns nach einer kurzen Rast und ein paar dürftigen Einkäufen (ja hier gibt es einen kleinen Shop) die heißen Quellen von Ai-Ais auszulassen und gleich weiter zum Canyon Roadhouse zu fahren. Natürlich besuchen wir den auf der Strecke liegenden Fishriver Canyon.
Der Fishriver Canyon ist nach dem Grand Canyon in den USA der zweitgrößte Canyon der Welt. Er erstreckt sich über eine Länge von rund 160km, hat eine maximale Breite von bis zu 26 km und eine maximale Tiefe von bis zu 560 Meter.
Wir erreichen den Canyon am frühen Nachmittag, die Sonne steht sehr zentral über unseren Köpfen und wir bewundern die imposante Kulisse des Canyons. Wir sind fast allein – bis auf eine 6-köpfige französische Reisegruppe samt schwitzendem Reiseführer.
Vielleicht hätten wir doch etwas Wasser mitnehmen sollen, als wir die rund 500m zwischen dem Parkplatz und dem Viewpoint auf einem schmalen schottrigen Pfad zurücklegen. Egal – jetzt sind wir schon unterwegs. Hier liegt auch der Startpunkt für den Fishriver-Canyon Trail. Klingt verlockend – ist aber derzeit absolut verboten. Nur in der Zeit von 1. Mai bis 15 September, also im afrikanischen Winter, ist es erlaubt diesen Hike zu begehen. Aktuell sind die Temperaturen im Canyon viel zu heiß und würden das menschliche Leben in kürzester Zeit auslöschen. Der Hike ist ungefähr 85 km lang, dauert 4-5 Tage und darf nur von absolut gesunden und fitten Personen in Angriff genommen werden. Einmal im Canyon gibt es kein zurück. Über die ganze Strecke gibt es keine Möglichkeit den Canyon zu verlassen bis zum Endpunkt in Ai-Ais.
Direkt an der Kante des Canyon stehen wir, mit einem atemberaubenden Tiefblick. Der Trail wäre sicher interessant, na wer weiß, vielleicht kommen wir ja wieder, dann zur richtigen Zeit.
Nach weiteren 30 km Fahrt erreichen wir das wunderbar gelegene Canyon Road House. ADDO erhält zwei Tage Pause auf einem fast schattigen und wunderbar gelegenen Standplatz. Ihm stört auch nicht, dass hin und wieder eine Oryx Antilope vorbeischaut, auf der Suche nach saftigem grünen Gras, welches hier rund um die Lodge doch aufgrund von Bewässerung zaghaft wächst. Spontan beschließen wir hier die nächsten zwei Tage zu verweilen. Vielleicht haben der kühle Pool, das kalte Bier und die gut sortierte Bar des angeschlossenen Restaurants uns bei dieser Entscheidung etwas nachgeholfen. Danach geht es weiter über den Köcherbaumwald in der Nähe von Keetmanshoop zu den Buschmännern und den roten Dünen in den namibischen Teil der Kalahari.
